Rose #32/2022


Mein Erlebnis ist "eigentlich" harmlos, aber doch Ausdruck dessen, was hier in der Geburtshilfe falsch läuft. Mein erstes Kind habe ich nach nur 40min nach Ankunft in einem kleinen Krankenhaus ohne jegliche Probleme geboren. Auch postnatal lief alles völlig problemlos. Aufgrund eines Umzugs musste ich bei Kind 2 eine 30minütige Anfahrt, sowie ein großes Level1Krankenhaus in Kauf nehmen. Um trotzdem selbstbestimmt gebären zu dürfen, hatte ich das Glück einen der seltenen Plätze bei einer Beleghebammenpraxis dieses Krankenhauses zu ergattern. Die SS lief wie auch bei Kind 1 völlig problemlos. Mit meiner Hebamme war besprochen, dass ich eine hebammengeleitete Geburt ohne Arzt, i.v.Zugang und Medikamente wünsche außer es wird medizinisch notwendig.
Zur Geburt trafen wir uns nach 2 Stunden leichten Wehen im Kreißsaal bei 8cm. Die Hebamme warnte mich direkt vor, dass die Ärztin noch ein Dokument unterschrieben haben wollte, weil ich den  i.v. Zugang ablehne. Sie würde gleich vorbeikommen.  Ich groovte mich ein und alles lief top. Das Kind im Bauch laut CTG in Tiefenentspannung und ich konnte die Wehen super veratmen. Nach 2 Stunden kündigte sich an, dass es nicht mehr lange dauern würde. Bis dahin hatte die Hebamme die Ärztin mehrmals erinnert. Zum Ende der ungewöhnlich schmerzarmen Übergangsphase platzte die Ärztin  mitten in der Wehe ohne Anklopfen in den Raum, stürmte auf mich zu und drohte mir sehr aggressiv damit, dass ich sterben könnte, wenn ich den Zugang ablehnen würde. Mein Mann versuchte sie nach draußen zu bugsieren, sie bedrängte mich noch mehr und verlangte aggressiv noch in der Wehe eine Unterschrift. Dann war sie weg, die Wehen auch, nur das Gefühl von einem Tiger überfallen worden zu sein,  blieb. Nachdem ich mich nun stundenlang in den körperlichen Anteil der Urinstinkte gegroovt hatte, konnte ich nicht auf meine Kognition zugreifen und bekam Panik. Ich stellte mich hin, um die Wehen wieder voran zu bringen. Doch von nun an waren diese nicht auszuhalten. Klassischer Angst-Schmerzkreislauf. Natürlich ist alles top gelaufen, Kind nach ein paar Wehen mit apgar 10 da, Plazenta auch, keine abnorme Blutung nichts. Aber diese Ur-Angst blieb. Die Ärztin lies sich feigerweise auch zum Nähen nicht mehr blicken. Auch auf Bitte der Hebamme weigerte sie sich kurz mit mir darüber zu sprechen. Nach ein paar Stunden fuhren wir mit unserem Kind nach Hause. Doch dort holte mich diese surreale Angst immer wieder ein, sobald ich zu schlafen versuchte. Es dauerte zwei Monate, viele Gespräche mit der Hebamme und einen Brief an die Ärztin bis sich diese Angst legte. Alles andere (Stillstart, Gewicht, Rückbildung) lief weiterhin tadellos.
Auch wenn dieser Bericht fast ein Luxusproblem darstellt, so ist doch genau das das Problem. Die Ärztin hat ihre Sicherheitsbedürfnisse gewaltsam und ungeachtet der Patientensituation und fehlender medizinischer Notwendigkeit über den Patientenwillen und die vorherigen Absprache mit der Beleghebamme gestellt. Und verweigert sich anschließend sich dazu zu verhalten.
Anmerkung am Rande: Die ärztliche Kollegin, die mich genäht hat, erzählte noch wie ungewöhnlich ruhig diese Nacht sei.


 
E-Mail
Instagram