Rose #22/2022


…. Am XX.XX.2021 fing alles traumhaft an und endete am XX.XX.2021 in einem vorerst
nicht vorstellbaren Albtraum und dies mitten in Deutschland und nicht im Busch von
Tansania! Nein, selbst die werden dort solche Geburten wohl eher nicht erleben, wie das, was wir hier Mitten in Deutschland erlebt haben …
2021 an einem traumhaften Sommertag, fuhr ich abends mit meinem Mann ins
Krankenhaus. Wir waren in der SSW 39+3 und zuvor war die Blase gesprungen. Ich freute mich auf die Entbindung und schaute vor dem Kreißsaal meinen Mann an, lächelte und sagte: “Das schaffen wir auch noch, morgen sind wir Eltern“. Wir wurden aufgenommen und uns wurde empfohlen noch spazieren zu gehen, die Untersuchung vorab und der ausgiebig durchgeführte Ultraschall, mit dem Hinweis wir werden ein reifes, großes Kind bekommen, waren ohne auffälligen Befund. Irgendwann kehrten wir in den Kreißsaal zurück. Auf die ersten 14h der Geburt möchte ich eigentlich nicht näher eingehen, denn bis auf das, dass die Hebamme welche die Nachtschicht hatte sich hat kaum blicken lassen, da Schreibkram erledigt werden musste. Die Nacht verlief für uns relativ unspektakulär! So musste es sein, ein Kind auf die Welt zu bringen. Schmerzen, veratmen der Wehen, Ruhe, Sturm … gegen 2 Uhr bekam ich eine PDA gelegt, welche ich auch wollte, ansonsten regte sich der Kleine zweimal auf, woraufhin man mir eine Infusion anhing und wieder verschwand. Gegen Morgen bekam ich ein Antibiotikum intravenös, weil mein Entzündungswert sehr stark
gestiegen war. Dies erfuhren wir aber erst ein ¾ Jahr später durch unseren Anwalt. Und das aufregen des Kleinen deutete sich ein ¾ Jahr später auch als nicht aufregen, sondern auf einen hohen Herzschlag von 190-200 hin bzw. durch drastische Abfälle des Herzschlages.


Die eigentliche Hölle begann morgens mit Ankunft einer sehr jungen, aber durchaus netten Hebamme, welche uns allerdings auch erst einmal alleine lies, bis auf die standardisierte Muttermund-Untersuchung. Dieser war inzwischen bis auf den Saum geöffnet. Und weg war auch Sie, die Hebamme, wieder. Wir veratmeten Wehe für Wehe. Mein Mann war inzwischen sehr müde, da er die ganze Nacht wach war. Der Kreißsaal bot nichts für werdende Väter, sich mal aufs Ohr zu hauen oder etwas zu essen oder sonst irgendetwas.
Gegen 09:30 Uhr bat ich meinen Mann die Hebamme zu rufen. Ich wollte wie schon oft eine weitere Dosis Schmerzmittel über den Katheder. Die Wirkung ließ leider immer wieder nach und die Schmerzen wurden unerträglich. Mit meiner Bitte folgte eine neue Muttermund-Untersuchung und siehe da, er sei ja vollständig geöffnet und der Saum wäre nun auch offen. Nun gut, ich wurde gefragt ob ich einen Pressdruck verspüre … ehrlich gesagt, ich wusste es nicht und das äußerte ich auch so. Nichts destotrotz sollte ich mit der nächsten Wehe, laut CTG gute Wehentätigkeit, pressen. Dies tat ich. Und mit jeder Wehe presste und presste ich. Aber irgendwie geschah nicht viel. Die Hebamme informierte die Assistenzärztin, da der Kopf des Kleinen zu spüren war, jedoch meinte sie er würde immer ein kleines bisschen vorrutschen, aber auch wieder zurückrutschen. Nach einem weiteren Telefonat betrat des „Teufels Gehilfe“ den Raum. Ohne sich vorzustellen ohne Erklärung wurde ich sehr grob untersucht und noch ehe ich eine Frage stellen konnte, lag die Ärztin mit Hand,
Arm und Ellbogen auf meinem Babybauch (Kristeller), ich schrie auf vor Schmerz. Mein
Partner wurde bleich im Gesicht. Die Hebamme erklärte Sie müssen dem Baby etwas helfen und gleich drauf wurde sich wieder auf meinen Babybauch gelegt. Nachdem die Assistenzärztin telefonierte, auf einer anderen und uns unbekannten Sprache, wurde der Wehentropf, welcher mir schon morgens gegen 5 Uhr angehängt wurde, erhöht. Und es wurde wieder telefoniert, wieder untersucht, wieder der Wehentropf erhöht und wieder wurde kristellert, diesmal zog die Assistenzärztin mit der Hebamme jedoch einen Art Leinengürtel unter meinem Rücken durch, welcher ca. 2m lang war und gute 50cm breit. Der Kristellergriff wurde nun durch Hebelwirkung mit Hilfe des Leinengürtels vollzogen. Die Schmerzen, die Ängste unbeschreiblich … es fehlen mir die Worte um sie beschreiben zu können. Der Kleine rutschte ein kleines Stück weiter. Danach bat man mich die Gebärposition zu ändern, man half mir mich links zu legen, rechts zu legen doch außer, dass ein Geburtsstillstand eintrat, brachte auch dies nichts. Des Teufelsgehilfe telefonierte erneut und der Teufel trat um 12:20 Uhr mit einer weiteren Hebamme in unser Kreißsaalzimmer! Die Oberärztin kam herein schaute uns kurz an, es kam ein Hallo und dann krempelte Sie die Ärmel an ihrem Kittel hoch, so guter sprich: „Ha ich zeig euch nun mal wie man ein Kind auf die Welt holt!“.
Kurze grobe Untersuchung, kristellern zu dritt … zwei Frauen via Gürtel und eine lag auf meinem Babybauch … ich schrie und schrie. Der Wehentropf wurde erhöht. Erst eine, dann eine weitere Kinderärztin der Kinderintensivstation wurden gerufen. Erneut wurde kristellert, dann wurde GEGEN unseren Willen die erste Kiwi (Saugglocke) ausgepackt, als mein Mann sagte, wir wollen dies nicht, lachte man uns aus und meinte, dass ist eine ganz weiche Saugglocke und setzte sie an, wir mussten zuschauen und ertragen. In dem Moment als die Ärztin zum zweiten Mal an der Führung zog, riss die Saugglocke ab und schlug, rechtseitig hinter ihr an der Wand an. Eine Hebamme hieb diese auf und legte sie auf den Wehenschreiber. Eine neue Kiwi wurde ausgepackt und erneut angesetzt. Mit Kraft zog man daran, bis das halbe Köpfchen unseres Kindes „geboren“ war, dann kam es zum Dammschnitt mit kurzer Vorankündigung … dann sah die Oberärztin, dass er die Nabelschnur 2x um den Hals gewickelt hatte und stranguliert war (vermutlich durch das ständige kristellern und der abgerissenen Saugglocke). Der Teufel klemmte die Nabelschnur ab, immerhin, und trennte die Nabelschnur in mir – die Versorgung zu meinem Kind war gekappt und geboren war er immer noch nicht. Mit Hilfe aller Beteiligten Geburtshelfer wurde
das Mc Roberts Manöver durchgeführt. Aber auch dies brachte Joris nicht auf die Welt. Es kam zum Geburtsstillstand, der Wehentropf wurden auf 400 und somit das Maximum gestellt, es kam zur Schulterdystokie, die Oberärztin drang mit einer Hand in mich ein, am Kindskopf vorbei und löste die 1. Schulter, dann drang Sie mit der zweiten Hand in mich ein und löste die 2. Schulter unseres Kindes und zog den Kleinen mit beiden Händen auf die Welt, es war 13:13 Uhr. Die Schmerzen, meine Schreie unvorstellbar!! Dehnbar hat für mich leider eine neue Dimension erreicht.
Es gab keinen 1. Schrei unseres Kindes, er wurde von den Kinderärzten in Empfang
genommen in eine Edelstahlschüssel gelegt welche mit einem Handtuch ausgelegt war und wurde mitgenommen. Mit unserem Sohn verließen alle den Raum. Mein Mann und ich waren alleine, ich weinte und schrie: “Wo ist mein Kind, was ist mit meinem Kind!?“ Mein Mann stand unter Schock, versuchte mich zu beruhigen, aber ich rief und rief und rief in Verbindung mit ganz vielen Tränen! Nach ca. 1 1/2h kam eine Hebamme rein und meinte nur, ob wir die Plazenta mitnehmen wollen, viele Eltern würde diese unter einen Baum pflanzen. Mein Mann und ich sahen uns an und fragten wo unser Kind sei, was mit unserem Kind ist. Sie meinte lediglich, er hätte „leichte Anpassungsstörungen“… Sie verließ wieder den Raum. Eine weitere 1/4h später kam die Assistenzärztin in den Raum, meinte Sie würde mich nähen. Das war es, kein weiteres Wort, keine Erklärung. Ich wurde genäht, ohne Betäubung. Wir wurden in ein Ruhezimmer gefahren. Ich schlief kurz vor Erschöpfung ein, dann kamen zwei Ärztinnen von der Kinderintensivstation in dieses Zimmer und gaben uns
ein Bild in die Hand. Instinktiv drehte ich das Bild um und legte es auf die Bettdecke, fing an zu weinen und drückte unendlich fest die Hand meines Mannes. Die Ärzte erklärten uns, dass unser Sohn reanimiert werden musste. Er würde weiterhin versorgt und es sieht aktuell nicht gut aus. Wenn er versorgt sei, dürften wir heute Abend zu ihm.
Um 19 Uhr war es soweit, ich wurde in meinem Bett begleitend von meinem Mann auf die Kinderintensivstation zu unserem Sohn gefahren. Uns traf der Schock. Der kleine Mann war bereits sehr aufgebläht durch die Wassereinlagerungen welche bei einer Reanimation entstehen, er besaß zu diesem Zeitpunkt 9 Venenzugänge, hatte einen Tubus (Sauerstoff), lag auf einer Kühlmatte um die Körpertemperatur herunterzufahren (damit evtl. Hirnblutungen abgemildert werden und der Körper sich besser erholen kann) … das Bild schrecklich, wir weinten und durften zugleich seine Händchen halten. Er war das schönste Baby auf dieser Welt zu diesem Zeitpunkt wurde uns gesagt, dass er nur 5% Überlebenschance hätte …
Heute ist unser kleiner großer Mann 15 Monate alt und großer Bruder. Er ist mehrfach
schwerstbehindert, aber unser Goldschatz!!! Er lebt und alles andere bekommen wir hin, er hat für uns und sein Leben gekämpft und wir werden dafür kämpfen das Gewalt im Kreißsaal sichtbar wird, denn, und das wissen wir schwarz auf weiß … wir gingen mit einem gesunden Fötus in den Kreißsaal und gingen mit einem schwerstkranken und behinderten Kind nach Hause. Fehlentscheidungen und massive Gewaltanwendungen sind daran schuld …
und dies erlebt mitten in Deutschland, in einem Krankenhaus, vermeintlich unter
Fachpersonal und nicht in Tansania im Busch! Fakt ist, hätte die Assistenzärztin (Gehilfe des Teufels) die Situation richtig erkannt und den Kristellergriff nicht angewandt und den Wehentropf abgestellt + ein Sectio angeordnet, hätten wir nicht mit unserem Kind 3 Monate Intensivstation erleben müssen und unser Bub wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gesund. Meine Rose mit der Karte des Roses Revolution Day, kann ich nicht am Kreißsaal der Klinik ablegen. Aber mein Mann und ich haben die Rosen an allen Eingängen der Klinik niedergelegt!
Ich hoffe keine Frau muss jemals solch eine Geburt erleben wie wir Sie erleben mussten!!!

 
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