Rose #7/2022


Nun ist es schon 4 Jahre her.
4 lange Jahre und die Erinnerung schmerzt immer noch so sehr, als wäre alles erst gestern passiert. Dieser laue Sommertag im Juli 2018, der mein Leben für immer veränderte. Nicht etwa weil ich Mutter wunderbarer Zwillinge wurde, sondern weil ich als Mensch gebrochen wurde...
Noch heute erlebe ich Flashbacks, die sich so real anfühlen. Ich "rieche" das Krankenhaus, merke die Anspannung, höre die Stimmen... Stimmen die sagen:
Stell dich nicht so an!
Du wolltest doch eine natürliche Geburt!
In meinem Kreißsaal wird nicht "Ich kann nicht mehr" gesagt!
Du presst total falsch!
So wird das nie was!
Das kann nicht sein, dass deine PDA nicht wirkt!
Du bist ja auch dick!
Ach, willst du jetzt doch einen Kaiserschnitt?
Deine Naht geht immer wieder auf, dein Bindegewebe ist so schlecht!
Hauptsache deinen Kindern geht es gut!
Du willst deine Kinder sehen? Dann steh auf und geh hin!
Das ist dein Kind, nimm es auf den Arm!
Dein anderes Kind liegt da drüben!
Warum weinst du die ganze Zeit!
So klappt das Stillen nie!
Pump nicht zu viel Milch ab, du hast doch nur 2 Kinder!
Deine Kaiserschnittnarbe sieht ja furchtbar aus!
Dein Dammriss tut weh? Andere Frauen sind viel schlimmer betroffen und jammern nicht.
Ich spüre Hände, Körper...
...die sich gegen mich lehnen
...die mich unsanft und ungefragt berühren
...die ständig am CTG rumfummeln
...die zum x-ten Mal den Muttermund checken
...die einfach die Fruchtblase öffnen um eine Elektrode zu legen
...die ständig den Wehentropf weiter aufdrehen
...die versuchen, den führenden Zwilling am Kopf zu greifen (und mich dadurch so verletzen, dass es genäht werden musste)
...die meine Kinder letztendlich bei einem sekundären Kaiserschnitt aus mir heraus schneiden
Wenn ich die Augen schließe, höre ich mich immer noch panisch um Hilfe schreien, weil ich alleine war, bei vollständig geöffnetem Muttermund und Presswehen, furchtbaren Schmerzen und die zermürbende Angst, dass meine Kinder und/oder ich diese Geburt nicht überleben werden...
Ich sehe mich alleine, einsam und verloren.
Wir haben die Geburt überlebt. Mit Traumata, die wir 4 Jahre später noch aufarbeiten. Mit körperlichen und seelischen Einschränkungen, die nicht wieder gut zu machen sind. Diese Geburt hat mir alles genommen und gleichzeitig das wichtigste geschenkt - meine Kinder! Und das ist der einzige, wichtige und richtige Trost, den ich habe...

 
E-Mail
Instagram