Rose #12/2022


2018 war die Geburt meines ersten Kindes und es hat sich für mich immer falsch angefühlt. Lange Zeit habe ich es verdrängt, denn wenn ich angesprochen habe, das mich das traumatisiert hat, wurde ich nie ernst genommen.
Es war schon spät am Abend, als leichte Wehen einsetzten. In dieser Schwangerschaft hatte ich schon öfter Übungswehen, dieses mal schienen sie nicht aufzuhören. Wir fuhren in den Kreißsaal, so weit so gut. Der Empfang war freundlich und abgesehen von der Aufregung habe ich mich erstmal wohlgefühlt. Ich sagte, das ich vermute das ich Wehen habe und wurde direkt für den Kreißsaal aufgenommen. Meinen damaligen Partner hatte ich als Unterstützung mit dabei. Leider geriet ich dann direkt an eine sehr unfreundliche Ärztin. Man hat ihr angesehen, das sie genervt war. Sie drückte das Ultraschallgerät auf meinen Bauch rum und kommunizierte kaum mit mir. Dann holte sie eine Schale hervor mit einer Kanüle, ich fragte was sie denn vor habe und war verwundert darüber das sie nicht direkt mit mir redet und ich ihr quasi Alles aus der Nase ziehen musste. Dann sagte sie mir wir legen einen Zugang falls eine Notsituation eintritt und sie Medikamente benötigen. Ich willigte ein. Nun das legen des venösen Zugangs war nicht gerade angenehm, es wurde mehrere male in meiner Armbeuge rumgestochert und am Ende wurde dieser Zugang am Handrücken gelegt. Ich hatte mehrere Tage davon blaue Flecken gehabt. Da äußerte ich schon, das ich mich unwohl fühle und mir wurde gesagt: "Naja sie sind in einem Krankenhaus, dort ist es nie schön." Ich war gekränkt von dieser Aussage, da ich der Meinung bin, das es im Kreißsaal eigentlich schön sein müsste, weil dort einfach Babys geboren werden und das ist wundervoll. Zu dem wollte ich das die Geburt meines ersten Kindes schön wird, ja ich ging davon aus das es extrem schmerzhaft ist und ich an meine Grenzen gerate aber das es am Ende ein schöner Empfang meines ersten Kindes wird. Da irrte ich mich gewaltig. Nun dann hat mich die anwesende Hebamme gefragt, ob ich denn einen Einlauf haben möchte. Ich fragte sie, wie genau das ablaufen würde und auf ihre Antwort hin, lehnte ich ab. Dann mischte sich natürlich die genervte Ärztin ein: "Also ich bin schon dafür, dann geht es nämlich schneller." Da war ich einfach nur sprachlos, wie man sowas raushauen kann. Letztendlich überredete die Hebamme mich und ich muss sagen, ich finde das ist eine sehr erniedrigende Prozedur, vorallem wenn das Jemand Fremdes bei einem macht. Ein CTG wurde noch geschrieben. Dann ging es in die Badewanne, was für mich perfekt war, da ich mir eine Wassergeburt gewünscht habe. Die Hebamme hat mir etwas angeboten, was den Muttermund weich machen sollte. Es wird vaginal eingeführt und ich weiß bis heute nicht was es war. Ich habe ihr vertraut, da sie sehr freundlich gewesen ist. Dann wurde mir schwindelig und ich wollte aus der Wanne raus. Die Hebamme war nicht anwesend, also bat ich meinen Partner mir die Beine abzutrocknen, da mir wie gesagt schwindelig wurde, ich leichte Schmerzen hatte und der Bauch im weg war. Seine Reaktion treibt mir nach fast fünf Jahren, immer noch die Tränen in die Augen. Er beklagte, das er müde sei. Auf meine Frage hin, ob er mir denn wenigstens das Handtuch geben könnte. Warf er es mir vor die Füße und ich durfte mich noch danach bücken. Dann ging es ins Kreißsaal Bett und ab da wurde mir schon Schmerzmittel angeboten, da könnte ich die Nacht sicher besser schlafen. Also wurde mir über den Zugang Schmerzmittel verabreicht, Anfangs fand ich es ganz schön. Es fühlte sich an wie leicht angetrunken. Leider vertrug ich es nicht und habe mich 5 mal übergeben müssen. Die Hebamme gab mir eine von diesen Pappschalen aber anstatt es danach einfach kommentarlos weg zu räumen, musste sie mir mitteilen wie sehr das stinken würde und fragte mich mehrmals was ich denn gegessen habe, bis sie eine Antwort von mir bekam. Dann versuchte ich die Nacht zu schlafen, leider unmöglich, da mein Partner die ganze Nacht laut geschnarcht hat und ständig die Hebamme rein kam um nach dem Rechten zu schauen. Am frühen Morgen, es war noch dunkel, fingen die Schmerzen an sich zu steigern. Ich fragte nach Schmerzmittel aber wurde immer vertröstet, da es sonst zu viel wäre. Ein CTG wurde angeschlossen und ich war somit quasi ans Bett gebunden. Das Schreiben des CTGs habe ich schon in der Schwangerschaft als schmerzhaft empfunden, wenn ich auf der Seite lag, leider konnte ich mich nicht auf den Rücken legen, denn da wäre mir schlecht geworden. Dann kam ein Schichtwechsel, die neue Hebamme gab mir dann mein ersehntes Schmerzmittel aber es besserte sich nicht. Im Gegenteil daraufhin wurden die Schmerzen richtig extrem, ich dachte es zerreißt mich innerlich. Ich weckte meinen Partner und sagte ihm, das ich sehr starke Schmerzen gerade habe. Seine Antwort war: "Und was soll ich da jetzt machen?" Ich daraufhin: "Ja wie wäre es erstmal, wenn du zu mir ans Bett kommst?" Er kam dann auch und stand mir endlich etwas bei. Im Nebenzimmer war eine Frau, die schrie so am Spieß, als würde man die dort drüben abschlachten und ich bekam es immer mehr mit der Angst zu tun. Mir wurde eine PDA angeboten aber ich müsste dafür noch einen Fragebogen ausfüllen. Das sah folgendermaßen aus, mein Partner hat mir die Fragen gestellt und den Bogen ausgefüllt, was unter den Wehen sehr mühsam war. Ich frage mich, warum man mir diesen Zettel nicht schon bei der Anmeldung gegeben hat. Wir schafften es nicht mal, uns wurde dann mitgeteilt, es sei zu spät für eine PDA. Ich quälte mich noch eine ganze Weile mit den schlimmsten Schmerzen die ich je hatte und dann auf einmal hörten die auf. Es passierte ein paar Minuten lang einfach nix. Und dann auf einmal die Presswehen, ich sagte der gerade anwesenden Ärztin das, ich glaube das dass Baby jetzt kommt. Und sie sagte: "Ja, ich komme gleich." Sie kam dann mit einer totalen Ruhe. Ich hatte sehr viel Angst, ich hätte mir gewünscht, das mich Jemand dort im Raum beruhigt. Ich lag auf dem Rücken und obwohl ich wusste das es die ungünstigste Position ist, die es gibt. Blieb ich liegen, denn ich hatte kaum noch Kraft und mich auch gar nicht getraut mich zu bewegen. Von Anfang an, habe ich mich abgefertigt gefühlt, wie eine Nummer die man mal eben schnell ab arbeiten muss. Ich wurde dazu angeleitet mit zu pressen und es war unfassbar schmerzhaft, der Kopf wollte gar nicht durch und rutschte immer wieder zurück. Bis ich die Zähne zusammenbeißte und mit einem kräftigen Schrei einmal presste, dann war der Kopf da aber ich spürte wie untenrum alles aufriss. Heute weiß ich, das ich meinem Körper hätte alleine pressen lassen sollen, in seinem Tempo, damit es sich langsam dehnen kann. Und es waren Fachleute um mich herum, die einfach wissen müssten, das in dieser Position und zu schnellem pressen Geburtsverletzungen eigentlich vorprogrammiert sind. Mein Baby war da und wurde mir direkt auf die Brust gelegt. Er war wunderschön und ich dachte, ich hätte es überstanden. Nö, man musste noch die Plazenta aus dem Bauch drücken, was wieder sehr schmerzhaft war. Aber dann dachte ich jetzt ist es endlich vorbei. Fehlanzeige, mir wurde mitgeteilt, das man mich jetzt nähen müsse. Ich fragte, ob die es denn nicht lieber erstmal betäuben könnten. Sie meinten, das hätten sie schon gemacht mit einer Spritze. Ich habe weder eine Spritze gespürt, noch gesehen. Mein Partner scheinbar auch nicht. Sie fingen an zu nähen und das war noch der harmlose Teil, der Dammriss. Später las ich in meinem Mutterpass "Dammriss 2.Grades, Scheidenriss, Labienriss". Nun ich habe jeden Stich gespürt, geschrien und gebeten bitte noch einmal nach zu spritzen, da ich Alles ganz genau merke, jeden Stich, jeden Faden, der durchgezogen wurde. Es hat sich nicht betäubt angefühlt. Der Labienriss ging bis kurz bis vor die Klitoris und ich habe geschrien wie am Spieß und sie gebeten damit aufzuhören. Immer wieder wurde ich vertröstet. Ich dachte echt in dem Moment ich würde doch später nie wieder etwas beim Sex spüren. Zum Glück war dem nicht so. Dennoch war es unnötig, warum ignoriert man meine Bitten und meine Schreie? Warum wartet man nicht bis die Betäubung wirkt oder spritzt wenigstens noch mal nach? Dann konnte ich meinen Kleinen stillen und mein Partner zeigte mir das mir Oxytocin über den Tropf verabreicht wurde. Und ich weiß bis heute nicht, wann das geschehen ist. Wenn mein Partner nix gesagt hätte, dann wüsste ich bis heute nix davon. Warum gibt man mir synthetisches Oxytocin ohne meine Einwilligung? Ohne es mir überhaupt mitzuteilen? Später las ich, das Oxytocin zu Stillproblemen und postpartalen Depressionen führen kann. Und das es auch zur Einleitung verwendet wird. Ich vermute das es mir evtl. gegeben wurde, damit es schneller geht, leider weiß ich es nicht. Ich wurde dann noch dazu überredet sofort duschen zu gehen, obwohl ich mich kaum auf den Beinen halten konnte. Als ich wieder Zuhause war, habe ich versucht mit Freunden und meiner Mutter über das Erlebte zu sprechen. Ich fühlte mich nicht ernst genommen. Es wurde als normal abgetan aber es fühlte sich nicht normal an. Ab da an habe ich es verdrängt. Als ich nach 2,5 Jahren wieder schwanger wurde, hatte ich Albträume von der Geburt. Ab da wusste ich, da ist etwas gewaltig schief gelaufen. Mir wurde unrecht getan. Ich durfte mir Respektlosigkeiten gefallen lassen, mir wurde einfach ein Medikament gegeben ohne mir etwas davon zu sagen, es wurde stundenlang CTG geschrieben, obwohl es für mich unangenehm und leicht schmerzhaft war, man überredete mich zu Dingen die ich gar nicht wollte, man nähte mich ohne Betäubung und dennoch dachte ich lange Zeit meine Geburt sei nicht schlimm genug gewesen, um einen Bericht für die Roses Revolution zu schreiben, obwohl ich 2021 schon virtuell eine Rose niedergelegt habe, eine Rose vor dem Kreißsaal ab zu legen, traue ich mich bis heute nicht. Ich habe erkannt, das ich entscheide, was für mich schlimm ist. Meine Hoffnung ist, das Frauen das lesen und sich nicht mehr alleine damit fühlen. Und erkennen, es ist schlimm genug. Das ist schon Gewalt im Kreißsaal.

 
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