Rose #21/2022
Sehr geehrte Klinikum, Kreißsaal, Wochenbettstation,
Ich habe im Oktober 2021 in ihrem Krankenhaus meine Tochter auf die Welt
gebracht. Wir waren zur Einleitung 4 Tage und nach der Geburt noch 11 Tage
stationär bei euch aufgrund einer Neugeboreneninfektion nach
Fruchtwasserinfektion. Ich möchte euch meine Geburtsgeschichte teilen, meine
Erfahrungen in eurem Krankenhaus. Es sind nur spezifische Situationen, die ich mir
trage und nicht loslassen kann, die ich folgend teilen möchte.
Vorweg möchte ich noch klar sagen, dass ich auf keinen Fall in irgendeiner Weise
das medizinische Vorgehen an sich kritisieren will. Ich kenne mich medizinisch nicht
aus und gehe davon aus, dass nach bestem Gewissen entschieden wurde. Zudem
möchte ich sagen, dass die Mehrheit der Mitarbeiter freundlich waren, jedoch sehr
gestresst und einfach keine Kapazitäten hatten. Sowie ich weiß das es eine
schwierige Zeit war mit Corona und Streiks der großen Kliniken.
Ich wurde zur Einleitung aufgenommen. Mir wurde nur kurz erklärt, wie es
funktioniert und dann wurde ich weiter geschickt. Mir wurde ein Zugang gelegt, zu
dem ich direkt sagte, dass er schmerzt. Beim Durchflusstest musste der Zugang in
einem Winkel gehalten werden, so dass es funktioniert.
Ich wurde die nächsten 3 Tage eingeleitet mit Blasensprung ohne Wehen und
weiterem einleiten, mir fasten so viele verschiedene Hebammen in meinen
Intimbereich. Davon stellte sich eine einzige Dame vor und fragte, wie es mir geht.
Ich brach in Tränen aus und sagte ich schaffe das alles nicht. Diese Hebamme
sorgte dann dafür dass Eine sehr liebe Ärztin sich Zeit nahm und setzte sich zu mir in
die Abstellkammer, in der ich meistens war (anders kann man diesen Raum nicht
beschreiben) und erklärte mir dann endlich was die nächsten Schritte sind und wie
es weiter geht. Keiner vorher hatte mir erklärt was und wie es weitergeht. Auf
Nachfrage hieß es immer „fragen sie einen Arzt wenn sie ihn sehen.“ ich sah nur
einmal die Ärztin sonst keinen.
Als die Wehen am Abend vor der Geburt schlimmer wurden, bat ich um ein
Schmerzmittel, ich ging abends zum Kreißsaal die Hebamme dort meinte „Sie
können es ja noch veratmen, Schmerzmittel gibts erst wenn sie es nicht mehr
veratmen können.“ Die Nacht blieb schlaflos, am Morgen gab mir die neue
Hebamme dann eine Buscopan.
Kurz darauf durfte ich ins Vorwehenzimmer und mein Partner dazu. Wir wurden dort
alleine gelassen, bis auf gelegentliche weitere vaginale Untersuchungen von
verschiedensten Hebammen die sich nicht vorstellen. Im Verlauf ging es mir immer
schlechter. Ich fühlte mich krank, fiebrig und bekam Schüttelfrost. Ich sagte deutlich
das ich das Gefühl habe etwas stimmt nicht. Die Schmerzen konnte ich immer noch
verarbeiten. Ich sprach eine Hebamme an. Sie meinte nur „na da machen sie sich
mal auf was gefasst es geht gerade erst los.“ Mein Spannungslevel ging hoch und
ich fühlte mich langsam echt wie eine empfindliche Mimose. Kurz danach kamen
mehrere Hebammen und nahmen Blut ab und begannen an meinem Zugang rum zu
arbeiten. Meine Tochter war anscheinend nicht mehr erweckbar. Die Kochsalzlösung
lief nicht und das Zitronenöl half nicht.
Wir wurden in den Kreißsaal gebracht und die Ärztin kam direkt rein und rat uns zum
Kaiserschnitt. „Wir können jetzt einen eiligen Kaiserschnitt machen oder sie können
es weiter probieren und wir machen später vielleicht einen Notkaiserschnitt. Dann
kann ich aber für nichts garantieren.“ Wie soll man da auf die Aussage reagieren?
Natürlich sagten wir ja, jetzt aber mit Riesen Angst, dass unserem Kind was passiert.
Es wurde uns gar nicht wirklich erklärt, was los ist.
Die Anästhesistin befragte mich dann nochmal zu den bereits unterschriebenen und
abgegebenen Bögen. Ich hatte alle 3 Minuten Wehen, mir ging es schlecht, mein Kopf
rotierte vor Angst und ich hatte immer noch keine Schmerzmittel. „Können Sie jetzt
mal antworten?“ bekam ich dann zu hören. Eine Hebammenschülerin, die anwesend
war, war so nett und meinte „die Frau hat Wehen, sie braucht einen Moment.“ worauf
es einen genervten Schnauber gab. Ich sagte, dass ich alles bereits abgegeben habe,
warum jetzt nochmal? Wurde geantwortet “Weil das so ist.” Ich war voll überfordert
mit dem ganzen.
Beim Legen der Spinalanästhesie hat sich die Dame einmal verstochen. Kein Thema
passiert. Sie traf einen Nerv, der in mein rechtes Bein ging, und es krampfte komplett
zusammen. Ich schrie vor Schmerzen. Klar, vor Schreck sprang ich auch. Ich hatte
nicht erwartet, dass es so weh tut. Sie fuhr mich an „jetzt halten sie doch endlich mal
still das funktioniert so nicht.“ ich war in Tränen und diese Frau drückte mich ohne
einen Moment aufatmen zurück in Position. “Das muss jetzt klappen.” Die
freundliche Hebammen Schülerin hielt meine Hände und war die einzige Person
während meines ganzen Aufenthaltes die sagte „das schaffen sie.“ beim zweiten
Versuch des Stechens klappte es fast schmerzfrei. Dann stellte unter Schimpfen die
Anästhesistin fest das mein Zugang nicht funktioniert. Als sie mich nochmal
unfreundlich ansprach, warum ich das nicht mal früher gesagt habe, durfte ich sie
informieren, dass es allen bekannt war. Es haben seit Tagen diverse Hebammen an
meinem Zugang herum gedrückt, damit es läuft. Es hat bloß bisher keiner zum
handeln veranlasst. Ich bekam einen zweiten gelegt unter genervten Geflüster.
Das OP-Team war dann sehr freundlich zu mir. Und eine junge Doktorin erklärte, was
passieren wird. Als Ich sah, wie sie mit meinem Kind raus rannten, fragte ich, was
passierte und bekam keine Antwort. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, aber ich
weinte. Ich hatte Angst. Ich hatte solche Angst um mein Kind. Irgendwann kam eine
Frau von der Seite und meinte knapp „haben sie sie nicht schreien gehört.“ Nein, ich
hörte nur saugen, da ich anscheinend viel Blut verlor.
Kurz darauf durfte ich meine Tochter kurz sehen. Bevor ich sie überhaupt berühren
konnte, meinte selbige Frau und „jetzt raus, dass ist hier drinnen zu kalt“. Ich konnte
mein Kind nicht halten oder in den Arm nehmen, aber nicht mal berühren?
Irgendwann bin ich weg gedämmert, ich fühlte mich weiterhin nicht gut. Bis mich
jemand ansprach, ob ich eine Gerinnungsstörung habe. Ich sagte ja, ich hatte extra
einen Termin bei euch und habe alle Unterlagen aus dem Gerinnungszentrum bei
euch abgegeben. Ich weiß nicht wer fragte meinte dann. „Was hat der Arzt gesagt,
soll man machen, wenn sie stark bluten ?“ ich habe irgendwie das Wort Fibrinogen
spritzen” raus bekommen. Hatte absolute Panik, wieso schneiden da Leute an mir
rum die meine Akte nicht gelesen haben? Ich war mir in dem Moment nicht mehr
sicher, ob mein Partner alleinerziehend sein wird. Dann bin ich weg gekippt. Ich bin
aufgewacht als das Tuch vor mir weg gerissen wurde. Während all dem unterhielt
sich das Op Team übrigens über die Fortbildungen einer jungen Ärztin.
Ich hielt das erste Mal meine Tochter später im Kreißsaal im Arm. Ich fragte, ob der
kaputte Zugang raus kann, damit ich mein Kind richtig anfassen kann. Es wurde klar
verneint wer weiß wofür er vllt noch gebraucht wird. Aber er war doch kaputt? Und
ich hatte doch 2 davon? Ich bekam 2 Tage später dann dank einer netten Dame auf
Station gezogen, die laut schimpfte, was denn hier los ist, der hätte ja schon längst
raus gemusst.
Sie holten meine Tochter in der Nacht zur Untersuchung und ich bat sie, kurz zu
warten, ich wollte meinen Mann wecken. Die Schwester meinte: „wir sind gleich
zurück." und rollte mit meinem Kind aus dem Zimmer. Ohne auf meinen Wunsch zu
reagieren. Nach einer 45 Minuten ohne mein Kind, das ich nur schreiend über den
Flur hörte, ging kurz die Tür auf „die Blutwerte sind schlecht, wir prüfen das jetzt
dann kommt sie zurück.“ Türe zu. Nach einer weiteren halben Stunde kamen sie mit
meinem verkabelten Kind zurück. Ich bekam sie in die Arme. Ich war so dankbar das
eure Klinik das möglich macht das ich sie bei mir haben darf aber auch ganz schön
schockiert. Mit wurde gesagt, es ist eine Neugeboreneninfektion, ich soll vorsichtig
mit den Kabeln sein und wieder gegangen sind, weil die Nacht so stressig ist und
keine Zeit ist. Ich lag in diesem Bett mit meinem neugeboren verkabelten Kind, ohne
überhaupt eine Ahnung zu haben, was los ist. In der Nacht ging noch mehrmals der
Alarm los an den Geräten. Ich klingelte, ein kurzer Blick aufs Gerät, Gerät
ausgeschalten„ Wir sind gerade Stress, wir kommen später.“ es kam keiner mehr in
dieser Nacht. Ich fragte schlussendlich Google, was mein Kind hat. Den Effekt kann
man sich vorstellen. Bis am Morgen eine nette Kinderärztin kam und mir zumindest
kurz nochmal erklärte, dass es gar nicht so hohe Werte sind. Das war die erste Nacht
mit meiner Tochter. Ich fühlte mich nach der ersten Nacht bereits wie ein Fehlschlag,
weil ich nicht für meine Tochter einstehen konnte. Erst viele Gespräche später habe
ich verstanden, was das für eine Ausnahme Situation war.
Am nächsten Tag kam nochmal eine OP-Ärztin vorbei und meinte, sie wollte nochmal
nach mir schauen, ganz freundlich. Ich meinte alles okay soweit, aber ich bin noch
etwas in Schock. Sie meinte, das wird schon, aber sie muss jetzt weiter. Ich habe es
nicht geschafft, sie irgendwas zu fragen, aber da war auch kein Raum für mich zu
fragen.
In den folgenden 4 Tagen waren wir im Familienzimmer, Kind, Partner und ich. Je
nach Mitarbeiter bekamen wir ganz andere Sachen gesagt. Ich sage jetzt Mitarbeiter,
weil ich überhaupt keine Ahnung habe, wer was war, es hat sich auch selten jemand
vorgestellt. Die erste Bläute und ein das Kind bloß nicht um oder auszuziehen, damit
der Zugang möglichst lange hält. Sie erklärte uns, dass wir ein schwer krankes Kind
haben und sie warm einpacken müssen.
Als ich die nächste fragte, ob ich meiner Tochter zumindest die Hose ausziehen darf,
um sie zu bonden, meinte sie ja klar.
Vorherige kam wieder, dass wir auf keinen Fall unser krankes Kind ohne Kleidung
lassen können und sie sofort wieder eine Hose braucht. Sie war auf mir unter der
Decke.
Die nächste neue Mitarbeiterin schnauze uns regelrecht zusammen, dass wir das
Kind jetzt doch mal umziehen sollen. Sie war nicht verdreckt oder Ähnliches. Wir
erklärten was die erste sagte und sie meinte Blödsinn. Die Zugänge gehen eh
dauernd kaputt.
Eine sehr liebe Mitarbeiterin, der wir unser Dilemma erzählten, nahm sich dem an.
Schaute sich das an und zeigte uns dann, wie wir schonend sie umziehen können.
Sie sortierte die Kabel, damit wir uns mit dem Kind im Zimmer bewegen können (z.
Bsp zum Wickeltisch). Sie schaute dann auch immer nach uns, wenn sie wieder
Dienst hatte. Das Hin und Her davor hat uns fühlen lassen, als würden wir gar nichts
hinkriegen. Übrigens hielt der eine Zugang die ganzen 10 Tage durch ;)
Ich meldete mich die ersten Tage täglich zur Stillberatung. Ich hatte Schmerzen. Ich
fragte, ob jemand nochmal mit mir schauen kann, ob das Anlegen stimmt. Ob
vielleicht eine Stillberaterin mal vorbei schauen kann? Es wurde meiner Tochter
einmal in den Mund geschaut, keine Bändchen und dann gesagt „das tut am Anfang
immer weh.“ Nein, tut es nicht. Es hat sich keiner Zeit genommen, das anzuschauen,
es kam auch keiner von der Stillberatung vorbei. Es kam jedoch mehrfach die
Aussage „Ihr Kind nimmt doch zu, also läufts doch.“ Erst meine Hebamme zuhause
stellte Wochen später fest, dass der Kiefer meiner Tochter verklemmt war. Da hatte
ich bereits mehrere Wochen schmerzhaftes Stillen hinter mir und nichts gesagt, weil
es ja am Anfang immer weh tut.. Weil ich natürlich dachte, dass es am Anfang immer
weh tut. Inzwischen waren die Brustwarzen auch wund. Als Krankenhaus, das mit
seiner Still- Hotline wirbt, hat mich das sehr enttäuscht.
Am 2. Morgen des zweiten Tages, kam eine unfreundliche Dame rein „machen sie
jetzt das Bett frei, wir brauchen das für neue Patienten.“ und forderte mich auf, aus
dem Krankenhausbett jetzt sofort ins niedrige Familienbett umzuziehen. Zum Glück
konnte mir mein Partner immer beim Aufstehen helfen, sonst wäre ich nicht
hochgekommen. Ich biss die Zähne zusammen und erarbeitete mir eine Technik, mit
Kind im Arm rollend aufzustehen. Damit ich die nächsten Tage mein Kind versorgen
kann.
Am 5. Tag kam morgens eine stink wütende Mitarbeiterin rein, was uns einfällt, mein
Mann hätte schon längst gehen müssen. Ich bin jetzt die Begleitperson meines
Kindes. Wir wurden aus dem Schlaf gerissen und waren völlig verwirrt. Wir erklärten
ihr das wir keine Ahnung haben das er hätte gehen müssen. Wir haben schließlich
ein Familienzimmer, für das wir bezahlen. Sie war verwundert und ging um das zu
klären. Ne Stunde später kam sie wieder und entschuldigte sich ausführlich. Die
Schicht am Vortag hat vergessen uns zu informieren. Mein Partner wurde gegangen.
Ich habe übrigens bis Ende noch sein Essen zusätzlich erhalten.
Aber zum Glück musste er gehen, da mir weitere Schmerzmittel verweigert wurden.
Eine Ärztin die vorbei kam meinte es wäre ja langsam Zeit damit aufzuhören und ich
bin doch eh schon entlassen. Ich war 4. Tage nach Kaiserschnitt. Ganz ehrlich, ich
glaube, die Ärztin hatte nie in meine Akte geschaut oder wusste, wer ich war. Auf
ganz liebes Bitten gab sie mir noch genug für die Nacht. Als ich wissen wollte wie ich
an Schmerzmittel kommen soll wenn ich und Partner das Krankenhaus nicht
verlassen dürfen hieß es, dass wir das selber organisieren müssen. Das machte ganz
schön Angst.
Nachdem mein Partner weg war, war ich alleine mit frischen Kaiserschnitt und Baby
auf mich gestellt. Ich musste sie wickeln und versorgen. Ich hatte die Tage davor
schon gelernt, dass alle überlastet sind und keine Zeit haben zu helfen. Meine
längsten Gespräche darüber, wie es uns geht und was die Kleine macht, hatte ich mit
den Damen von der Reinigung. Die waren super.
Eine Dame von der Pflege kam auch immer, wenn sie Dienst hatte und schaute nach
uns. Von allen anderen hörten wir nur, wie gut das ist, dass wir alleine klar kommen
und das, was bei uns so ruhig ist und problemfrei ist. Alle anderen Eltern sind gerade
so schwierig oder die Kinder haben solche Herausforderungen. Endlich mal ein
Zimmer, wo man nicht dauernd rennen muss. Das hilft total, wenn man doch
versucht, nach Hilfe zu fragen. Das waren unsere Interaktionen am Tag.
Mürbe wurden wir dann, als es jeden Tag hieß, dass wir nach Hause dürfen. Jeden
einzelnen Tag kam eine Schwester vorbei und erklärte uns dass wir Nach Hause
dürfen, nur um dann ein paar Stunden später zu erfahren, dass wir verwechselt
wurden oder die Werte doch nicht so gut waren wie gedacht. Wir packten und
entpackten jeden Tag. Wenn dein einziges Ziel ist, aus diesem Ort, wo man alleine
verlassen ist, nach Hause zu kommen ist das schon anstrengend.
Ich verbrachte die Zeit mit Tochter, die ich nicht ausziehen durfte, kuschelnd und
weinend. Ich war alleine und fühlte mich verlassen. Mein Partner durfte ne Stunde
am Tag kommen sonst dümpelten wir durch die Tage. Ich bin ausgebrannt gewesen,
als ich entlassen wurde. Ich hatte mein Kind 6 Tage alleine versorgt mit frischen
Kaiserschnitt in fremder Umgebung. Ich war emotional fertig. Das war mein frühes
Wochenbett, meine Zeit, um mein Kind kennenzulernen und mich erstmal zu erholen.
Ich habe mich wie eine alleinerziehende Mutter im Knast gefühlt.
Ich glaube, einzeln wären diese Ereignisse nicht so schlimm gewesen. Auch
vielleicht, wenn ich bei Kräften gewesen wäre. Aber es war für mich ein Gefühl von
immer noch mehr. Ich hatte gar keine Zeit irgendwas zu verarbeiten, und nebenbei
noch mein Kind zu versorgen.
Zuhause angekommen war ich dann ausgebrannt und mir rotierten weiter die Fragen die ich aus dem Krankenhaus mitgenommen habe, im Kopf.
Habe ich nun ein krankes Kind oder nicht ?
Darf ich sie jetzt ausziehen und kuscheln oder nicht ?
Atmet sie?
Wie viele Schmerzmittel sind noch okay? Ich sollte doch nicht so empfindlich sein.
Ich habe rotiert. Ich habe ständig kontrolliert, ob sie noch atmet. Ich habe kaum
geschlafen, nicht aufgrund des Neugeborenen, sondern aufgrund dessen, was in
meinem Kopf passierte.
Ich habe die ersten Tage in der Klinik kein Problem gehabt, mein Kind an ihren Vater
zu geben. Nach den 6 Tagen alleine war es schwierig, sehr schwierig. Ich war in
einem Modus, ich muss das doch alleine hinkriegen. Und so bin ich eigentlich nicht.
Ich habe auch kein weiteres Wochenbett geschafft. Wir haben einfach weiter gelebt,
was sich in dieser Zeit etabliert hat. Inklusive nächtlicher Wachzeiten für die
Untersuchungen auf Station.
In der Zeit bei euch habe ich mich nicht gehört gefühlt. Nicht gesehen und nicht
wahrgenommen. Und vor allem nicht ernst genommen. Ich bin ja nur eine ersti Mama, ich weiß ja das ja alles noch nicht.
Aktuell, ein Jahr später, breche ich immer noch in Tränen aus, wenn jemand die
Narbe berührt und die Gefühle von Angst und Einsamkeit hochkommen. Ich habe
Alpträume von Krankenhausaufenthalten, wo ich für Ewigkeiten veratmen soll, und
mir keiner zuhört. Wo jemand mit meinem Kind im Arm wegrennt, ohne dass ich
weiß was los ist. Ich bekomme Schnappatmung, wenn ich an der Ringbahn Station
des Krankenhauses vorbei fahre. Aktuell möchte ich kein zweites Kind, weil ich nicht
nochmal eine solche Erfahrung machen möchte. Ich besuche seit 5 Monaten eine
Gruppe für belastende Geburt und habe eine Einzeltherapie angefangen.
Was man dazu sagen muss, ich bin kein Mensch, der hier schreit, der sich groß beschwert und tatsächlich ist das das erste Mal, dass ich sowas schreibe.
Es hat sich niemand wirklich zuständig für mich gefühlt, wie oft ich gehört habe
“Warten Sie auf den Arzt/nächsten Dienst/Später.”. Es hat sich keiner die Zeit
genommen oder interessiert. In den kurzen ‘Stipvisiten’ war kein Raum und mit völlig
fremden Personen, die gleich klar machen, dass sie schnell weiter müssen, ist es
unglaublich herausfordern, etwas anzusprechen. Ich habe es immer wieder versucht,
aber wenn dann mit so viel Abwehr reagiert wird oder so viel Stress, dann fühle ich
mich auch einfach zu viel. Ich bin enttäuscht vom ihrem Krankenhaus nicht fachlich
aber menschlich.
Ich hätte gerne das ganze persönlich mit euch in einem Termin geklärt, aber beim
Gedanken, ein Fuss in euer Krankenhaus zu setzen, habe ich Panik. Ich hoffe, dass
alles, was passiert ist, einfach eine Folge von Corona und Überlastung war. Trotzdem
sollte sowas nicht passieren.